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Vorlage - VO/2017/116  

Betreff: Betreuung von Migrantinnen und Migranten
Status:öffentlich  
Ansprechpartner/in:1. Herr Saba
2. Bürgermeister Voigt
Federführend:FB 2 Bürgerbüro - Gesellschaftliche Angelegenheiten Bearbeiter/-in:Bürgermeister Saba, Jörg
Beratungsfolge:
Ausschuss für gesellschaftliche Angelegenheiten Vorberatung
16.11.2017 
Sitzung des Ausschusses für gesellschaftliche Angelegenheiten geändert beschlossen   
Hauptausschuss Vorberatung
22.11.2017 
Sitzung des Hauptausschusses geändert beschlossen   
Stadtverordnetenversammlung Entscheidung
13.12.2017 
Sitzung der Stadtverordnetenversammlung ungeändert beschlossen   

Beschlussvorschlag
Sachverhalt
Finanzielle Auswirkungen
Anlage/n

ALLRIS® Office Integration 3.9.2

Beschlussvorschlag:

 

Die Stadt Oldenburg in Holstein erkennt an, dass Frauen und jungen Mädchen mit Migrations- und Fluchtgeschichte einen besonderen Betreuungs- und Integrationsbedarf haben. Dem soll durch den Einsatz einer qualifizierten Mitarbeiterin Rechnung getragen werden.

 

Der Stellenanteil im Umfang von 0,5 Vollzeitarbeitskraft ist in den Stellenplan 2018 abzunehmen.

 

ALLRIS® Office Integration 3.9.2

Sachverhalt:

 

Nachdem sich die Flüchtlingssituation seit einiger Zeit entspannt hat und die Zahl der Zuweisungen stark rückläufig ist (2017 = 12 Zuweisungen; Familiennachzug = 14 Personen; 2 Personen abgeschoben, 9 freiwillig ausgereist), konzentriert sich die Arbeit des Integrationsteams darauf, eigene bestehende Angebote und Projekte zu betreuen, als Ansprechpartner für ehrenamtliche HelferInnen zu fungieren und mit verschiedenen Behörden, Vereinen und Institutionen zu kooperieren.

 

Aktuell sind 100 Flüchtlinge in Oldenburg in Holstein untergebracht. Es handelt sich dabei um 6 Kleinkinder, 19 Schüler und 12 Schülerinnen, sowie 44 Männer und 19 Frauen. Die vorwiegenden Herkunftsländer sind Afghanistan, Syrien und der Irak. Die Stadt unterhält  16 Liegenschaften, die als Unterkunft für Flüchtlinge angemietet wurden. Die städtische Integrationsarbeit wird durch das Integrationsteam wahrgenommen. Neben Herrn Picht (39 Std./wö.), ist dort noch Herr Biedermann (19,5 Std./wö.) als Hausmeister tätig. Seit dem 01.11.2017 ist außerdem Herr Achim Kurzawa (15 Std./wö.) eingesetzt, der auch Herrn Riechert (Elternzeit bis Juli 2018) in der Offenen Jugendarbeit vertritt.

 

Das Angebot des Integrationsteams umfasst folgende Punkte:

 

  • „PopupTeaRoom“ - an drei Tagen in der Woche Treffen mit Flüchtlingen und Sprachpaten sowie gemeinsames Musizieren
  • Mittwoch Besuch des Sprachunterrichts in der Wallstraße 3 und Betreuung „Schulgartenprojekt“
  • Regelmäßige Sprechstunde am Montag von 10:00 bis 12:00 Uhr
  • Unterstützung und Begleitung bei Behördengängen
  • Beratung und Unterstützung in Schulangelegenheiten, Ausbildung, Qualifikation und Arbeitssuche

 

Inzwischen ist ein Netzwerk entstanden, dem u. a. folgende Institutionen angehören bzw. mit denen  man sich im regen Austausch befindet:

 

  • JobB
  • Programm LaFlü, für Jugendliche ohne Bleibeperspektive
  • GSM (im Auftrag des Jobcenters in der Integrationsarbeit tätig)
  • Migrationssozialberatung des Kreises
  • Netzwerk Nord
  • Runder Tisch der MigrationshelferInnen im Kreis
  • Familienberatung der Diakonie
  • Traumanetzwerk des DPWV
  • Kicknetzwerk gegen Gewalt

 

Das Integrationsteam stellt fest, dass die Betreuung von Frauen und jungen Mädchen mit Migrations- und Fluchtgeschichte zunehmend an Bedeutung gewinnt und weder von den Mitarbeitern, noch von den engagiert tätigen Ehrenamtlern, zufriedenstellend geleistet werden kann. Die Frauen brauchen in vielfältiger Weise Begleitung im Alltag, eine Ansprechpartnerin vor Ort und Unterstützung bei der Entwicklung eigener Stärken und Chancen (Empowerment). Wichtig ist, das Vertrauen der  Frauen und der Familien zu gewinnen.

 

Flüchtlingsfrauen treten öffentlich kaum in Erscheinung. Die Arbeitsagentur betreut ausschließlich Akademikerinnen, zur Migrationssozialberatung erscheinen nur Männer, der Fachdienst Gesundheit des Kreises kann Frauen nur in Begleitung ihrer Männer betreuen. Durch erfolgte Familiennachzüge hat sich die Problematik verstärkt. Die Frauen kommen direkt aus ihrer Ursprungskultur nach Deutschland und finden keinen Übergang in die Aufnahmegesellschaft. Sie nehmen die angestammte Rolle der Hausfrau und Mutter ein. Die Teilnahme an Sprachkursen ist kaum möglich. Zu beobachten ist, dass durch die nun ganz traditionell lebenden Familien quasi ein Gruppenzwang auf andere Familien ausgeübt wird, die bereits erst Schritte in die Aufnahmegesellschaft unternommen haben und sich nun wieder zurückziehen.

 

Das einzige Angebot, das die Flüchtlingsfrauen zum Teil annehmen, ist der Frauentreff. Dieses ehrenamtlichlich betreute Angebot hat sich, seitdem es nicht mehr von der Stadt Oldenburg in Holstein betreut wird, konzeptionell verändert. Seinerzeit wurden Begegnungen von beheimateten Frauen und Migrantinnen ermöglicht, wodurch Brücken in die Aufnahmegesellschaft geschlagen wurden. Zurzeit sind dort die vornehmlich arabischen Flüchtlingsfrauen fast ausschließlich unter sich. Die ehrenamtliche Betreuung ist mit den an sie herangetragenen Ansprüchen überfordert.

 

Zunehmend beklagen die Frauen, dass ihre Kinder in der Schule aufgrund ihrer Sonderstellung als DaZ-SchülerInnen diskriminiert werden. Sprache und Sprachunterricht wird zunehmend abgelehnt. Es sind deutliche Tendenzen zur Installation einer parallelen Lebenswelt erkennbar. Man wünscht sich einen Gebetsraum, einen Iman. Dieser soll die Kinder in arabischer Sprache unterrichten, Orientierung in religiösen und Alltagsfragen geben und bei Konflikten innerhalb der Gemeinschaft als Schlichter auftreten. Es gibt innerhalb der Gruppe der Flüchtlingsfrauen aber durchaus auch moderate Meinungen und den Wunsch, ein Zusammenleben zu gestalten. Dieses wird durch das Integrationsteam gefördert. Hier sind jedoch Grenzen vorhanden, da die Stadt derzeit nur männliches Personal einsetzen kann. Eine weibliche Bezugsperson ist jedoch erforderlich, um zum Beispiel durch aufsuchende Hilfe alle Flüchtlingsfrauen zu erreichen. Dieses kann zum Beispiel auch in Zusammenarbeit mit Hebammen geschehen, denen traditionell in allen Kulturen mit großer Hochachtung begegnet wird.

 

Mit Hilfen im Alltag muss das Vertrauen der Familien gewonnen werden. Es müssen Möglichkeiten der Alphabetisierung von Frauen mit Säuglingen und Kleinkindern gefunden werden.Die Sprache ist insbesondere für diese Frauen der Schlüssel, um ihre eigenen Interessen in der neuen Heimat vertreten zu können. Die Frauen müssen im geschützen Raum gestärkt werden, zum Beispiel durch Fahrrad- und Schwimmkurse, gemeinsames Musizieren, Nähen, Basteln und Malen. Von dort müssen dann die Brücken in die Aufnahmegesellschaft geschlagen werden. Über die Begegnungen mit beheimateten Frauen lernen die Flüchtlingsfrauen andere Lebensmodelle kennen. Sie dürfen sich nicht schuldig fühlen, wenn sie neue Wege gehen. Deshalb müssen Angebote mit Behutsamkeit und Kreativität gemeinsam weiterentwickelt werden. Zum Beispiel durch Surfkurse im Ganzkörper-Neoprenanzug, Frauendisko oder  Filmabenden mit Diskussion über den als fremd empfundenen Lebensstil. Dieser besondere Betreuungsaufwand, der nach Auffassung des Integrationsteams dem Umfang einer Vollzeitstelle hat,  kann aufgrund nicht vorhandener zeitlicher Ressourcen und des Fehlens einer qualifizierten Mitarbeiterin aktuell nicht geleistet werden.

 

Nicht zuletzt aus finanziellen Erwägungen schlägt die Verwaltung eine zeitlich auf drei Jahre befristete Beschäftigung einer qualifizierten weiblichen Kraft mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 19,5 Stunden vor, um zunächst Erfahrungen mit dieser Arbeit und ihren Wirkungen zu sammeln.

 

Demografische Entwicklung:

 

Die demografische Entwicklung hat Auswirkungen auf den Gegenstand dieser Entscheidung:

 

x

Nein, entfällt.

 

 

Ja, folgende:

 

 

ALLRIS® Office Integration 3.9.2

Finanz. Auswirkungen:

Anschaffungs- und Herstellungskosten einmalig:

entfällt

Finanzierung:

entfällt

Laufende Kosten jährlich:

ca. 25.000,00 €

Finanzierung:

Haushalt 2018 bis 2020

 

ALLRIS® Office Integration 3.9.2

Anlage/n:

 

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